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Erika Fischer-Lichte Körper der Anderen/ Blicke der Anderen - Über Exhibitionismus, Schaulust und Voyeurismus Abstract Mit den Völkerschauen, die Carl Hagenbeck 1874 in Zoologischen Gärten und Panoptiken veranstaltete, wurden Menschen anderer Kulturen mit ihren Alltagsverrichtungen, Tänzen, Gesängen, Spielen, Zeremonien, Ritualen aus europäischer Perspektive vorgeführt und den Blicken der Europäer ausgesetzt. Auch wenn sie die Situation umkehrten und ihrerseits ihre Blicke auf die merkwürdigen Körper richteten, die sich vor dem Zaun in Mengen zusammenballten, um sie zu betrachten, blieb dieser Wechsel der Perspektive von den Europäern meist unbemerkt. Ganz anders verhält es sich mit den japanischen und chinesischen Theatertruppen, die seit 1900 Europa bereisten und ihre kunstvoll agierenden Körper den Blicken des fremden Publikums darboten. Sie zeigten sich in der Perspektive, in der sie wahrgenommen werden wollten. Wie sie tatsächlich wahrgenommen wurden, darauf hatten sie allerdings keinen Einfluß. Die Zur-Schau-Stellung ihrer Kunst inspirierte viele europäische Theaterkünstler, ihrerseits nach den Möglichkeiten der Zur-Schau-Stellung zu suchen und die im 18. Jahrhundert errichtete Vierte Wand des Theaters niederzureißen. Im Zentrum unseres Vortrags wird der Zusammenhang von Exhibitionismus, Schaulust und Voyeurismus stehen. Dabei wird vor allem danach zu fragen sein, welche Veränderungen das Zur-Schau-Stellen der Körper auf der Bühne im Blick des Zuschauers, in seiner Wahrnehmung bewirkt hat. Diese Fragen werden an Hagenbecks Völkerschauen – der Ceylon Karawane und dem Ashantee-Dorf in Wien – ebenso diskutiert werden wie an den Gastspielen Otojiro Kawakamis und Sada Yakkos in Deutschland und Österreich (1900 - 1962), den Gastspielen der Truppe Tokujiro Tsutsuis in Berlin (1930) sowie dem Gastspiel des chinesischen Peking-Oper-Stars Mei Lanfang in Moskau (1935), an dem Brecht und Piscator zugegen waren. Es wird zu untersuchen sein, inwiefern sich hier ein ganz neuer Modus des Sich-zur-Schau-Stellens entwickelt wurde. |
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